Ikebana
Was ist Ikebana?
Sprich das Wort I K E B A N A einmal laut aus. Der Sinngehalt dieser klangvollen Buchstabenkombination berührt bereits die Essenz jener anmutigen Kunstform: „Ike“ (生) bedeutet im Japanischen „Leben“ und „lebendig“, „Hana“ (花) bedeutet „Blume“ und „Blüte“.
Im Ikebana kreieren wir mit Hilfe von Steckigeln und besonderen Gefäßen. Wir schöpfen. Wir erschaffen. Nur die Arrangements? Nein, noch viel mehr! Wir gestalten in der Begegnung mit den Blumen und Pflanzen jedes Mal auch uns und unser Leben.
Wir sind Schöpfer und Geschöpfe in einem.
Wann blühst Du?
Kodomo no Hi
Ein sehr bedeutsames Fest in Japan ist Kodomo no Hi, das alljährlich am 5. Mai gefeiert wird. Übersetzt bedeutet Kodomo no Hi „Kindertag“. Es ist ein Feiertag zu Ehren der Kinder, an welchem sie in ihrem kindlichen Sosein gewürdigt werden und die Freude am Leben mit ihnen dankbar zum Ausdruck gebracht wird.
Taditionell werden an Kodomo no Hi Ikebana-Arrangements zu Ehren der Kinder gestaltet. Symbolpflanze ist die (blaue) Iris. Dazu gesellen sich schwertförmige Blätter und eventuell noch einige kleine Blättchen (Mizukiri-ba), die jugendliche Leichtigkeit darstellen sollen.
Warum gerade die blaue Iris? Warum schwertförmige Blätter? Die heutige Form des Kinderfestes hat ihren Ursprung im einstigen Knabenfest, welches sich während der Zeit des Shogunats (1192-1867) entwickele. Die blauen Blumen stellten die Knaben dar und die schwertförmigen Blätter die Waffen. Durch diese Symbolik in den Arrangements erhoffte man sich Gesundheit, Glück und Erfolg für den männlichen Nachwuchs.
Mittlerweile werden an Kodomo no Hi alle Kinder gefeiert und geehrt. Und so sind weiße, gelbe und zartrosafarbene Irisblüten ebenso willkommen!
Arrangement mit Mizuhiki
Der Ikebana-Bundeskongress über Himmelfahrt 2023 hat mir noch eine weitere Inspiration geschenkt, die ich gerne mit euch teile: Das Arrangieren mit Mizuhiki, den traditionell verwendeten Papierschnüren zum Verzieren von Geschenken und (Geld-)Umschlägen. Mizuhiki wirkt sehr feierlich, ehrwürdig und festlich und würdigt den oder die Beschenkten sowie den Beweggrund der Gabe.
Beachtenswert sind die verschiedenen Knoten in ihrer Symbolik – je nach Form, Farbe und Anlass. Das Knüpfen von Mizuhiki ist eng mit der Kultur Japans verbunden und hat sich zu einer wahren Kunstform entwickelt.
Morimono
Auch Morimono ist eine klassische Ikebana-Form: Das Arrangieren von Obst und Gemüse, vereinzelt unterstützt durch Blumen und Blätter. Das geerntete Obst und Gemüse kann in einem Morimono als Erfolg und Fruchtbarkeit interpretiert werden, „Wurzeliges“ hingegen steht für Stabilität und Standfestigkeit – eine Grundvoraussetzung für gutes Gedeihen. Ein Morimono lebt vom Spannungsbogen der Gegensätzlichkeit. In meinem Arrangement finden wir massiv und fragil (Sellerie und Orchidee), komplementär (rot und grün), rund und spitz (Traube und Chili) … entdeckt ihr noch mehr?
In dankbarer Erinnerung an meine Mutter,
die mir „Kado“, den Blumenweg, gezeigt hat.
Mit ihr im Herzen gehe ich ihn weiter.